Es gibt unglaublich viele schöne neue Kinderbücher, die man vielleicht am liebsten alle lesen würde!
Und es gibt echte Klassiker, die vor fünfzig und mehr Jahren schon Generationen von Kindern begeistern konnten und immer noch gerne gelesen werden.
Jene Klassiker der Kinderliteratur, die heute noch in praktisch jeder Buchhandlung erhältlich sind, und von denen man sich als Eltern oder Großeltern vielleicht heimlich wünscht, dass sie den eigenen Kinder oder Enkel genauso schöne Kindheitserinnerungen schenken werden, wie man sie selbst beim Schmökern vor zig Jahren sammeln durfte.
Zu diesen Klassikern gehört ganz sicher „Das doppelte Lottchen“, ein wunderschöner Kinderroman, der besonders Mädchen zu begeistern vermag.
Die Geschichte von „Das doppelte Lottchen“ ist sicherlich vielen bekannt, hat man es doch bestimmt irgendwann einmal gelesen, zumindest davon gehört oder eine der vielen Verfilmungen gesehen.
Dennoch hier in Kürze zum Inhalt:
Zwei Mädchen namens Luise und Lotte staunen nicht schlecht, als sie sich in den Sommerferien im Ferienheim für Mädchen begegnen, scheinen sie doch beide ihrem Spiegelbild gegenüber zu stehen. Von den Frisuren einmal abgesehen, gleichen sich die beiden wie ein Ei dem anderen. Kann das Zufall sein?
Nach anfänglicher Rivalität rücken die beiden Neunjährigen immer näher zusammen und machen erstaunliche Entdeckungen: Jede von ihnen lebt nur bei einem Elternteil – Luise beim Vater, Lotte bei ihrer Mutter -, sie sind am selben Tag geboren und das Bild, das Lotte von ihrer Mutter bei sich hat, hat Luise daheim schon einmal gesehen.
Es kann nicht anders sein: Die beiden sind eineiige Zwillinge. Sofort sind die beiden Mädchen sich einig, dass diese Erkenntnis ihr streng gehütetes Geheimnis bleiben wird! Keinesfalls soll jemand wissen, dass sie die Situation durchschaut haben, am allerwenigsten ihre Eltern.
Die Zeit rinnt, die Ferien gehen zu Ende und in den Mädchen hat sich eine Mischung aus Sehnsucht, Neugierde, Abenteuerlust und Trotz breit gemacht. In die „Aufteilung“ durch ihre Eltern wollen sie sich keinesfalls länger einfügen!
Und so fährt am Ende der Ferien Lotte (als Luise) nach Wien zum Vater und Luise (als Lotte) nach München zur Mutter.
Erich Kästner gelingt es auf wunderbare Weise bis heute, dass kleine Leser(innen) sich von der erste Seite an mitgenommen fühlen in das spannende Abenteuer, das da auf den folgenden Seiten passieren soll.
„Kennt ihr eigentlich Seebühl?“, lautet der erste Satz und durch diese direkte Ansprache ist man gleich mittendrin, dort im idyllischen Ferienheim, wo anscheinend immer die Sonne lacht, viele Mädchen pures Kinderglück – von ein wenig Heimweh und gelegentlichen Zänkereien abgesehen – erleben dürfen und die Welt dort am sommerlichen Badesee noch so richtig in Ordnung ist.
Dieser Charme, diese Nostalgie ist es auch, die das Buch so zauberhaft, so gemütlich und (zunächst) unbeschwert machen, dass man beim Lesen ein Gefühl wie warmen, süßen Vanillepudding im Bauch bekommt.
So muss der Vater, der „befrackte Kapellmeister Palfy“, noch zum Fotografen eilen, um seiner Tochter noch rechtzeitig vor Ende der Ferienerholung postalisch ein Portrait von sich zukommen zu lassen. Lotte findet sich später in der Wohnung ihres Vaters in einem Kinderzimmer mit „altmodischer Frisiertoilette“ wieder und zur Behandlung von Krankheiten wird der „Herr Hofrat“ hinzugezogen.
Getragen von diesem heimeligen Gefühl ist der Roman eine Art modernes Märchen voller liebevoll, feinfühlig und nuanciert gezeichneter Charaktere. An vielen Stellen viel zu schön und zu unglaublich um wahr zu sein, wäre da nicht zeitlose wie realitätsnahe Hintergrund: Die Eltern geschieden, die Kinder „geteilt“. Scheinbar gerecht, aber eben nicht Kind-gerecht.
Eine Lösung aus der Situation scheint da praktisch unmöglich, denn die Mädchen möchten – verständlicherweise – nicht die Menschen gleich wieder aufgeben, die gerade erst so unverhofft in ihr Leben getreten sind.
Und so endet die Geschichte mit einem wahren Happy End, das einerseits glücklich macht, andererseits ein wenig traurig, weil das Leben nicht immer so schön sein kann wie es in diesem Buche steht.
Bis zum fulminanten Ende hält das Buch aber so viele wundervolle und spannende Momente bereit, erzählt mit so viel einmaligem, wundervollem, dabei anspruchsvollem, aber kindgerechtem Humor, dass die Lektüre einfach ein Hochgenuss von der ersten bis zur letzten Seite ist.
Kurz und gut: „Das doppelte Lottchen“ von Kinderbuchautor Erich Kästner ist ein Buch, das als Geschenk nie verkehrt sein kann, sofern die jungen Leser(innen) etwa bereits 10 Jahre alt sind. Vorher werfen viele nicht mehr gebräuchliche Begriffe und Formulierungen sicherlich zu viele Fragen auf.
Lust auf weitere Kinderbuchklassiker bekommen? Einige Rezensionen gab es bereits hier bei Abc-Kinder.de! Dort ans Ende des Beitrags scrollen.
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