Wie beruhigend wäre es zu wissen, dass nicht nur hier auf Erden – sondern auch bei echten Weihnachtsmännern – das Weihnachtsfest neben aller Vorfreude auch eine Menge Stress bedeuten kann, wenn man erst einmal fest entschlossen ist, jeden pünktlich mit dem perfekten Geschenk zu versorgen?
Wie schön wäre es doch, wie viel Zeit, Geld und Nerven ließen sich sparen, wenn tatsächlich eifrige, echte Weihnachtsmänner die alljährliche Mammutaufgabe „Bescherung“ übernähmen und alles dafür täten, dass am Heiligen Abend hoffentlich kein Kind mit traurigen Augen unterm Weihnachtsbaum säße?
Mit himmlischen Kräften und tierischer Unterstützung müsste es für sie doch ein Leichtes sein…?
Eine sehr spezielle, sicherlich unkonventionelle und wunderbar humorvolle Weihnachtsgeschichte ist „Alle Jahre Widder“ von Martin Klein, die eindrücklich mit dem Vorurteil aufräumt, dass Weihnachten für Weihnachtsmänner ein Klacks sein dürfte.
Denn wer bislang die Vorstellung pflegte, dass irgendwo dort oben beim Weihnachtsmann immer alles harmonisch, fröhlich und entspannt zugeht, wenn knuffige Wichtel in einem niedlichen Weihnachtsdörflein an der Erfüllung von unzähligen Menschenkinder-Wunschzetteln feilen, wird sich bei der Lektüre dieses Buches wundern:
Hier geht es im schnörkellosen, dafür funktionalen und technisch sehr fortschrittlichem Hauptquartier der Weihnachtsmänner per se schon reichlich hektisch zu!
Und noch hektischer wird es, wenn zum Streik bereite Rentiere im Dezember beschließen, unzufrieden ob ihrer Arbeitsbedingungen die Arbeit pünktlich zum Fest nieder zu legen… .
Auf herrlich unpathetische Art und Weise, sehr lustig und voller Fantasie erzählt „Alle Jahre Widder“ eine Weihnachtsgeschichte geprägt vom irdischen Geschenke-Wahn, vom enormem Einsatz für einen einzigen Tag im Jahr und von der Undenkbarkeit, dass die Bescherung einfach mal ausfallen könnte… .
Zum Inhalt von „Alle Jahre Widder“
Auf der Erde werden Wunschzettel geschrieben und es wird sehnsuchtsvoll auf den schönsten Tag im Jahr gewartet, an dem selbst unerfüllbar scheinende Herzenswünsche manchmal in Erfüllung gehen.
Vorausgesetzt, bei den Weihnachtsmänner läuft alles wie am Schnürchen.
Und genau das ist nicht der Fall: Die Rentiere, seit je her wichtigste Tiere zum Austragen der Weihnachtsgeschenke, sind in den Streik getreten.
Ersatz muss her, die Zeit drängt und so kann der für die Geschenke-Auslieferung zuständige Weihnachtsmann nicht wählerisch sein:
Jedes Tier, auf Erden das die grundlegenden Voraussetzungen zum Ziehen eines Schlittens erfüllen könnte, wird kontaktiert, um bald darauf seine Fähigkeiten als Zugtier unter Beweis zu stellen.
Doch manchmal haben selbst himmlische Botschaften ihre Tücken und so erhält auch ein kleines Kaninchen das außergewöhnliche Job-Angebot.
Keine Frage, dass es sich für rundum geeignet für diese Aufgabe hält – und sich bald darauf zwischen Rindern, Büffeln, Zebras und allerlei anderen beim Training für ihren großen Einsatz wieder findet… .
„Alle Jahre Widder“ ist eine tolle Geschichte voller Wortwitz für die ganze Familie, bei der Weihnachts-Fans, aber auch Weihnachts-Muffel voll auf ihre Kosten kommen.
Denn Weihnachtsromantik lässt sich kaum mit dem in Einklang bringen, was der Leser so über das hektische und perfekt strukturierte„Weihnachtsgeschäft“ irgendwo dort oben bei den Weihnachtsmännern erfährt:
Auch im Hauptquartier der Weihnachtsorganisation läuft längst nichts mehr ohne Computer, „Corporate Identity“ spielt eine wichtige Rolle, gute Mitarbeiter sind schwierig zu finden.
Allerdings wird auch von den Kindern auf Erden ein sehr realistisches Bild gezeichnet. Eben mit weitaus weniger Weihnachtszauber, als man es von anderen Kinderbüchern vielleicht gewohnt sein mag:
Da wird nicht mehr schlicht gewünscht, da wird im Wunschzettel eindrücklich für die Erfüllung der Wünsche argumentiert, an der Existenz des Weihnachtsmanns generell mal gezweifelt, um anschließend dann sicherheitshalber doch über seine Hausnummer und die Notwenigkeit einer Briefmarke auf dem Umschlag zu rätseln.
Dennoch: Ganz ohne festlichen Weihnachtszauber, ein wenig sehnsuchtsvolles Warten auf den Heiligen Abend und hier und da einen rührenden Moment kommt auch „Alle Jahre Widder“ nicht aus.
Fazit: Mit seinem tiefgründigen Humor macht das Buch auch vorlesenden Eltern eine Menge Spaß.
Und außer einer frischen, frechen, lustigen Alternative für Kinder ab ca. 8 Jahren zu „klassischen“ Weihnachtsgeschichten ist es auch ein Geschenk für Erwachsene, die sich im Trubel des Advents eine Auszeit gönnen möchten, um – vielleicht genervt von der Hektik der Vorweihnachtszeit – den gelegentlichen Geschenke-Irrsinn mal auf humorvolle Art und Weise zu betrachten und vielleicht auch kritisch zu hinterfragen.
Sehr witzig und die Geschichte perfekt ergänzend: Die Schwarz-Weiß-Illustrationen von Kerstin Meyer.
Dies und das zum Buch
„Alle Jahre Widder“ von Martin Klein ist als 112 Seiten starkes Taschenbuch unter der ISBN 978-3551355669 im Buchhandel erhältlich und eignet sich dank des geringen Preises von 4,95 € auch wunderbar als kleines Mitbringsel für alle, bei denen es in Sachen Weihnachtsbücher ruhig unkonventionell und humorvoll zugehen darf.
Mehr zum Taschenbuch (und weiterer lieferbarer Formate) und ein Autorenportrait von Martin Klein auf den Internetseiten des Carlsen Verlags.
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