Eine Reise mit seiner Schulklasse kommt für kein Kind überraschend. Denn ein solches Unterfangen benötigt selbstredend eine lange und gründliche Vorbereitung.
Eine Unterkunft gilt es zu finden, Kosten zu kalkulieren, geplante Unternehmungen abzustimmen. Viele Details eben zum Ablauf festzulegen, die Lehrer im Vorfeld auf Elternabenden mit den Erziehungsberechtigten der Kinder besprechen und diskutieren. Da vergehen von der ersten Ankündigung bis zur Abfahrt meist viele Wochen. In der Regel sogar Monate.
Da flattern Infobriefe ins Haus, die beteiligte Kinder und Eltern regelmäßig auf den neuesten Stand der Dinge bringen.
Und trotz so langer – praktischer wie mentaler – Vorbereitung ist es schließlich ein Abenteuer, wenn das Kind „allein“ auf Reisen geht. Der Koffer wird dreimal dahingehend untersucht, ob er wirklich auch alles Wichtige und Gewünschte enthält. Und wenn dann der Moment des Abschieds tatsächlich gekommen ist, ist die Anspannung bei manchen Kindern und Eltern groß. Vielleicht fließen gar ein paar Tränchen.
Wohl niemand möchte am Bus oder auf dem Bahnsteig dramatische Abschiedsszenen erleben. Doch wie bereitet man Kinder, die in diesem Punkt besonders sensibel sind, auf eine Klassenfahrt vor? Kinder, die einfach am liebsten zu Hause schlafen, am liebsten bei Mama und Papa sind? Die selbst Übernachtungen bei Großeltern und Freunden nichts abgewinnen können? Und so gar nicht davon überzeugt sind, dass eine Klassenfahrt ihnen pure Freude bereiten wird? Und wie findet man beim Abschied einen guten Mix aus „herzlos“ und „herzzerreißend“?
Im Folgenden unsere 5 Empfehlungen zum Thema. Entstanden – wie fast immer – aus persönlicher Erfahrung heraus.
1.) Lassen Sie den Abschied nicht unnötig lang werden
Für 9 Uhr ist die Abfahrt geplant? Dann sollte man natürlich nicht in letzter Minute mit seinem Kind beim Treffpunkt erscheinen. Aber eben auch nicht unnötig früh. Denn ungünstig ist es, wenn man alleine herumsteht. Und so viel Zeit hat, um auf negative Gedanken zu kommen. Besser ist es hingegen, wenn schon Lehrer und andere Kinder da sind! Denn vertraute Gesichter und fröhlich-trubelige Stimmung lassen fürs Trübsalblasen weder Zeit und Raum.
2.) Machen Sie Ihrem Kind den Abschied nicht schwer
Es gibt wohlgemeinte Worte und Sätze, mit denen man sich und seinem Kind jedoch einen Bärendienst erweist.
„Sei nicht traurig!“ oder etwas in der Art beispielsweise. Vielleicht bringt so ein Satz gar erst auf die Idee, dass Anlass zum Traurigsein bestehen könnte? Und das, obwohl der Nachwuchs zuvor noch guter Dinge war?
„Wenn du Heimweh hast, geh zu deiner Lehrerin!“ Das ist sicherlich richtig. Aber der Moment der Abfahrt ist ein ungünstiger Zeitpunkt, es zu erwähnen. Eventuell war Heimweh bis dato gar kein Thema, mit dem das Kind sich groß beschäftigt hat? Aber wenn Mama oder Papa es ansprechen, mag der Nachwuchs sich plötzlich darüber Gedanken machen…?
„Drei Tage, die sind doch schnell vorbei!“ Vermutlich werden die außergewöhnlichen und abwechslungsreichen Tage tatsächlich für beide Seiten wie im Flug vergehen. In einer Aussage wie dieser klingt jedoch unterschwellig mit: „Sei froh, wenn diese Klassenfahrt endlich vorüber ist!“
3.) Wenn das Loslassen schwer fällt…
Noch ein Abschiedsküsschen hier, noch eine letzte Umarmung da. Dabei weiß jeder: Abschiede, die in man in die Länge zieht, fallen nicht leichter. Sie fallen schwerer. Wenn Sie im Vorfeld wissen, dass Ihr Kind sich gar nicht von Ihnen trennen mag, holen Sie sich Unterstützung. Vielleicht kann eine Lehrerin Ihr Kind fröhlich, aber bestimmt an die Hand nehmen beim In-den-Bus-steigen? Eventuell können die besten Freunde diese Aufgabe übernehmen?
Und auch wenn es Anstrengung kostet: Bitte halten Sie eigene Tränen zurück! Ein Kind, das sich ohnehin schlecht trennt, hat es schon schwer genug. Aber es wird am Boden zerstört sein, wenn es bei der Abfahrt eine weinende Mama an der Bordsteinkante sieht.
Sie haben zu nah am Wasser gebaut, um das sicher verhindern zu können? Dann verabschieden Sie sich vielleicht besser „kurz und schmerzlos“ zu Hause? Und lassen die Oma oder den Papa das Kind zum Bus oder Zug bringen.
4.) Heimweh? Ein „Nacht-Gefühl“!
Jeder, der schon einmal Heimweh erlebt hat, weiß: Die Tage sind nicht das Problem. Besonders auf Klassenfahrten nicht! Da ist vom Aufstehen bis zum Schlafengehen buntes Programm. Da isst man gemeinsam, spielt zusammen, macht tolle Ausflüge, Wanderungen, erlebt allerhand. Zeit, um sentimental die Gedanken in Richtung Zuhause schweifen zu lassen, bleibt da nicht.
Wenn Heimweh kommt, dann in der Nacht. Oder vorm Einschlafen. Wenn plötzlich alles so still ist. Wenn das Kind sich plötzlich nach dem eigenen Bett sehnt, nach den vertrauten Geräuschen im eigenen Zuhause. Und wenn es sich wünscht, Mama und Papa sofort von all dem erzählen zu können, was es erlebt hat. Vielleicht ist es kein Trost in dem Moment? Aber es kann ihm dennoch gut tun, wenn Ihr Kind eines weiß. Mit seinem Heimweh ist es sicherlich nicht allein. Es ist kein Gefühl, für das man sich schämen muss. Oder das man vor anderen verschweigen muss.
Ermutigen Sie Ihr Kind, sich seinem besten Freund anzuvertrauen, wenn es große Sehnsucht nach daheim hat. Ein echter Freund wird es deswegen nicht auslachen. Und wer weiß: vielleicht geht es diesem ja sogar ähnlich und er ist ebenfalls froh, nicht allein damit zu sein. Auch jede Grundschullehrerin sollte mit dieser Situation vertraut sein und bei Bedarf die richtigen Worte finden.
Erzählen Sie Ihrem Kind auch, wie es Ihnen selbst früher erging. Dass Sie vielleicht auch einmal Heimweh hatten. Aber auch, dass sich dies mit den Jahren von ganz alleine gelegt hat. Heimweh ist eben nichts, für das man etwas kann. Oder gegen das man etwas tun kann! Am besten besprechen Sie dies jedoch nicht unmittelbar vor der Abfahrt. Sondern am besten irgendwann einmal zwischen zwei Klassenfahrten.
5.) Etwas Vertrautes in der Ferne
Was akut in der Nacht trösten kann? Etwas, was vertraut ist, das nach zu Hause riecht, das nachts nie fehlen darf! Jedes Kind hat wohl (mindestens) so ein Lieblingsstück, das unterwegs immer dabei sein muss. Ein Kuschelkissen, einen Teddy, den Lieblingsschlafanzug, das Schmusetuch.
Aber das ist „uncool“, wenn man doch schon in der vierten Klasse ist? Sicherlich nicht! Auch wenn es irgendwann nicht mehr mit auf dem Kopfkissen liegt, sondern auf dem Regal sitzt. Wohl jeder Teenager hat noch mindestens ein Kuscheltier. Viele Erwachsene konnten sich nie davon trennen (warum auch?). Und selbst die Oma hat vielleicht noch eins aus der eigenen Kindheit. Ermutigen Sie Ihr Kind daher: Wer sich darüber lustig macht, dessen Freundschaft darf man getrost mal genau hinterfragen.
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