„Du könntest hier auch mal wieder aufräumen“.
Ein Satz, den kein Kind gerne hört und den kein Elternteil gerne sagt, da die darauf folgende Diskussion ausweglos vorprogrammiert zu sein scheint.
Bei genauer Betrachtung beruhen die Probleme rund um das Dauerbrenner-Thema „Aufräumen“ häufig darauf, dass Erwachsene und Kinder generell verschiedene Ansichten darüber zu haben scheinen, was genau eigentlich „ordentlich“ ist.
Solange sie noch eine freie Stelle zum Treten auf dem Boden finden, der Schreibtisch noch ein klein wenig Platz für die Hausaufgaben bietet und die Bücher im Zimmer so verteilt sind, dass man sie alle auf den ersten Blick sehen kann, herrscht für viele Kinder Ordnung.
Fragt man hingegen Erwachsene, würden sie den vorgefundenen Zustand eher mit „Chaos“ betiteln.
Um ein gewisses Entgegenkommen kommen beide Seiten nicht drumrum, wenn das Thema Aufräumen nicht zum steten Zankapfel werden soll.
Kinder haben dabei oft andere Ansichten darüber, was „gemütlich“ ist, und sollen sich selbstredend in ihrem eigenen, kleinen Reich ein großes Stück weit frei entfalten und selbst einrichten können.
Auf der anderen Seite müssen sie lernen, dass Unordnung andere stören und wiederum in deren Wohlbefinden einschränken kann.
Vor allem aber brauchen Kinder tatkräftige Hilfe, wenn die Unordnung überhand nimmt, denn die Fähigkeit, Ordnung zu schaffen und zu halten, ist nicht angeboren, sondern muss erlernt werden.
Und nicht nur bei kleinen, auch bei größeren Kindern im Schulalter kommt es nicht selten noch vor, dass ihnen das Durcheinander beim täglichen „Kramen“ und Spielen förmlich über den Kopf wächst.
Gehen Eltern und Kinder dann gemeinsam ans Werk, herrscht nicht nur schneller wieder Ordnung. Mit Unterstützung der Eltern werden Kinder gleichzeitig sehen und erkennen, wie Aufräumen eigentlich funktioniert und eigene Strategien für das nächste Mal entwickeln.
„Warum soll ich denn überhaupt aufräumen?“
Zunächst einmal muss das Kind jedoch einsehen, warum es überhaupt aufräumen soll.
Es selbst findet sich in seinem augenscheinlichen Durcheinander zurecht, schließlich hat es nach seinen eigenen Kriterien den Dingen ihren Platz zugewiesen.
Ein Spiel wegräumen, bevor das nächste begonnen wird?
Warum, wenn das erste vielleicht später noch einmal zum Einsatz kommen soll?
Den Schreibtisch aufräumen?
Wenn alle Stifte sichtbar und greifbar auf dem Tisch liegen, findet man sie wenigstens sofort! Aufgeräumt in einer Schublade muss mühsam erst eine bestimmte Farbe gesucht werden!
Den Boden aufräumen, um dort ein Spiel zu spielen?
„Wenn wir alles zur Seite schieben, passt das noch!“
Kindern die Vorteile eines ordentlichen Zimmers aufzuzeigen und gegen die Argumente des Nachwuchs zu wirken, ist manchmal nicht einfach.
Eine gewisse Weile wird es bestimmt dauern, bis ein Schulkind einen aufgeräumten und sauberen Schreibtisch ohne Anspitzerschnipsel, stumpfe Stifte und Reste von Aufklebern zu schätzen wissen wird, und ein Kindergartenkind einsieht, dass das Puzzlen noch mehr Freude macht, wenn nicht noch andere Spiele (oder gar Puzzleteile) rund herum auf dem Boden verstreut liegen.
Bis dahin wird das Kind vermutlich von sich aus erst zur Tat schreiten und/oder die Eltern um Hilfe bitten, wenn die Unordnung es so behindert, dass die Hausaufgaben wesentlich länger dauern oder das Spielen gar nicht mehr möglich ist.
Natürlich haben Eltern Einfluss darauf, ob Kinder Unordnung überhaupt als solche erkennen und bewerten und den Zustand der Kinderzimmers als „gemütlich“ oder „störend“ beurteilen.
Einfach formulierte Regeln tragen dazu bei, dem Kind die eigene Sichtweise der Dinge aufzuzeigen, zum Beispiel:
„Wenn nicht aufgeräumt ist, ist es mir zu ungemütlich zum Vorlesen!“
„In einem „Saustall“ macht mir das Spielen keinen Spaß!“
Spiel und Spaß – sogar beim Aufräumen möglich!
Aufräumen sollte nicht von vornherein mit dem Stempel „Lästige Pflicht!“ versehen werden.
Kinder brauchen oft einen gewissen Vorlauf, bis sie freiwillig mit dem Aufräumen beginnen; Zeitddruck ist Gift für die Motivation und führt schnell zur Überforderung.
Mit ein bisschen Fantasie, Geduld und Zeit kann Aufräumen sogar zu einer Art Gesellschaftsspiel werden.
Zugegeben: im Alltag bleibt oft wenig Zeit für solche „Spielereien“, aber wenn das Aufräumen gelegentlich am Wochenende so gestaltet wird, greifen Geschwister die Spielideen vielleicht beim täglichen Ordnungschaffen auf und kommen dadurch leichter zum Ziel.
Einige Varianten:
– Auf Kommando beginnt einer mit dem Aufräumen. Mit einer Stoppuhr wird nach einer oder zwei Minuten die Aufräumzeit beendet. Wer schafft es, in dieser Zeit die meisten Teile an ihren Platz zu räumen? Gezählt werden natürlich nur die richtig eingeräumten Dinge, nicht die in den Schrank „gepfefferten“ Klamotten.
– Reihum wird mit einem Würfel gewürfelt. Jeder muss so viele Teile wegräumen, wie der Würfel Augen zeigt!
Routine als A und O
Auch wenn ständige Ermahnungen lästig sind: Gilt von klein auf die Regel „Erst ein gespieltes Spiel einräumen und zurück in den Schrank stellen, bevor ein neues begonnen wird“, gehen solche Verhaltensweisen mit der Zeit in Fleisch und Blut über!
Das gleiche gilt auch für den Rest der Wohnung:
– Jacke und Schuhe kommen beim Heimkommen an die Garderobe bzw. in den Schuhschrank.
– Der Ranzen bleibt nicht mitten im Flur stehen.
– Benutztes Geschirr wird nach dem Essen auf die Spüle gestellt.
– Haarbürste, Zahnbürste und Handtuch kommen nach Gebrauch im Badezimmer an ihre Plätze zurück. Etc.
Natürlich gelten die Regeln auch außerhalb der eigenen vier Wände – wenn es nicht sowieso schon der Fall ist.
Das Aufhängen der Jacke und Einräumen der Schuhe wird im Kindergarten und der Schule ohnehin genauso selbstverständlich sein wie daheim.
Der Routine zuliebe sollten die Regeln auch bei Bekannten, Spielfreunden und Großeltern gelten.
Selbstredend, dass Eltern diese Routine durch ihr eigenes Verhalten vorleben sollten!
Die nötige Hilfestellung geben
Das Problem beim Aufräumen – bei Erwachsenen wie bei Kindern – ist häufig, dass die Möglichkeiten fehlen, wirklich Ordnung zu schaffen.
Bei vielen Teilen ist es klar, wohin sie gehören. Oft bleibt jedoch ein Rest, der nirgends so richtig hinpasst – weil er keinen festen Platz hat oder weil dieser schon überfüllt ist.
Wenn hingegen genügend Spielraum herrscht, alles ohne Quetschen an seinem Platz zu verstauen, ist Aufräumen im Grunde ein Kinderspiel.
Möglichst kleine „Verstau-Einheiten“ – Schubladen, leicht erreichtbare Schachteln etc. – erleichtern das Leben.
Wenn alle Stifte bunt gewürfelt in einer großen Schublade aufbewahrt werden, müssen auch alle ausgeschüttet oder durchwühlt werden, um den Lieblings-Glitzerstift zu finden.
Haben Buntstifte, Filzstifte, Bleistifte, Schreibstifte etc. hingegen ihr eigenes (beschriftetes) Fach, ist langes Suchen kein Thema mehr!
Erst einmal bedeutet es natürlich mehr Aufwand, z.B. die Spielfiguren nach Tieren, Fahrzeugen, Männchen etc. zu sortieren.
Wenn die Ordnung aber einmal geschaffen ist, fällt es wesentlich leichter, sie auch beizubehalten.
Das „Ausmisten“ erleichtern
Es gibt Kinder, die können alles gebrauchen – die leere Rolle des Geschenkbandes, Steine, Muscheln sowie unzählige Bilder und Basteleien stapeln sich in Schubladen, Schubkästen und in Regalen und werden wie kleine Schätze gehütet.
Auf die Frage, ob alles davon noch benötigt wird, folgt oft – ohne Wenn und Aber – ein „Ja!“.
Ein bisschen positiv zu formulieren führt oft zum Ziel:
Statt „Kannst Du davon nicht mal etwas wegschmeißen?“ zu fragen „Wäre es nicht schön, wenn Deine Stofftiere etwas mehr Platz im Regal hätten?“ klingt gleich viel verlockender!
Auch wenn die Trennung erst einmal schwer fällt: Hat man sich einmal zum Aussortieren durchgerungen, genießen viele Erwachsene genauso wie Kinder das Gefühl, neu gewonnenen Platz für Neues und Ordnung, wieder mehr „Luft zum Atmen“ zu haben.
Und wenn es trotz allem mit dem Aufräumen mal wieder in einer angemessenen Frist nicht so richtig klappen wollte: Ein dezenter Hinweis auf den Staubsauger, der am nächsten Tag zum Einsatz kommen könnte, hat oftmals schon Wunder bewirkt… .
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