Home-Office an sich ist ja eigentlich eine sehr feine Sache. Vor allem bei Regen und Schnee. Wenn man dann einfach daheim bleiben kann und nicht vor die Tür muss. Mitunter aber auch bei strahlendem Sonnenschein, wenn man seinen Arbeitsplatz kurzerhand unter eine Markise auf die Terrasse verlegen kann. Doch trotz aller Annehmlichkeiten gelingt das Arbeiten zu Hause nur, wenn man die nötige Ruhe dafür hat. Üblicherweise, während die Kinder gut versorgt in Schule oder Kita sind.
Im Moment trifft bezüglich des Wetter alles oben Beschriebene nicht so recht zu. Regen ist selten, Schnee hoffentlich vorbei. Und die Sonne scheint zwar häufig, aber wirklich warm ist anders. Doch der Wetterbericht ist für viele ohnehin momentan wohl der uninteressanteste Teil der Nachrichten oder der Tageszeitung.
Viel spannender sind Frage wie: Wann kann ich meiner Arbeit wieder wie gewohnt nachgehen? Wann stellt sich wieder Alltag im Betrieb ein? Inklusive persönlichem Kontakt zu Kunden und Kollegen und kurzweiligen Gesprächen in der Mittagspause? Oder alternativ: Wann öffnen Schulen und Kitas wieder, sodass auch im Home-Office alles wieder seinen gewohnten Gang geht?
Denn für viele, die daheim (weiter) ihrer Berufstätigkeit nachgehen und gleichzeitig Kinder betreuen, ist der aktuelle Zustand eine ordentliche Herausforderung.
Frust dank Flaute auf der ganzen Linie
Denn es ist ja nicht nur so, dass Unterricht und Betreuung in der Schule fehlen. Verabredungen mit Freunden fallen ebenfalls flach. Training im Sportverein zum Auspowern wäre gerade jetzt willkommen.
Stattdessen machen sich Frust und Langweile breit. Großeltern, die sonst tatkräftig unterstützend, aber auch bespaßend zu vielen Familien gehören, bleiben vernünftigerweise auf Distanz. Unzufriedenheit herrscht vor ob der Ungewissheit, wann endlich wieder der Musikunterricht stattfinden kann. Oder die anderen Hobbys, die Freude machen und zudem einer normalen Woche Struktur verleihen.
Kurzum: Eltern haben derzeit nicht nur eigene Probleme und womöglich mit Gefühlsschwankungen irgendwo zwischen Hoffnung und Verzweiflung zu kämpfen. Sie müssen auch Ansprechpartner, Animateur und Seelsorger für verunsicherte, gelangweilte und gar ängstliche Kinder sein. Verständnis aufbringen für die Launen der Kleinen und mit den Auswirkungen derer – Gemotze, Gequengel und Co. – zurecht kommen. Neben dem Haushalt, neben der Arbeit. Und das nicht „mal“, sondern vielleicht permanent bereits seit Wochen. Und nicht für ein paar Stündchen am Tag, sondern nonstop vom Aufstehen bis zum Zubettgehen.
Wie da das Arbeiten trotzdem gelingt? Produktiv, ohne die gute Laune zu verlieren und sich nicht gegenseitig auf den Wecker zu gehen?
Ein klarer Tagesrhythmus ist eine gute Basis
Viele Kinder hätten jetzt ohnehin Osterferien. Doch Ferienstimmung machte sich bei vielen in diesem Jahr sicherlich schon deutlich früher breit. An jenem Tag nämlich, an dem es hieß, dass die Schulen fortan geschlossen bleiben. Kein Unterricht mehr im Klassenraum mit Mitschülern und Lehrkräften. Stattdessen zu Hause bleiben. Wie Ferien eben. Eigentlich. Mit dem Unterschied, dass bald Arbeitsblätter und Aufgaben eintrudelten. Und manches Kind, das sonst kein großer Freund von Hausaufgaben ist, sich gar über diese Kurzweil freute. Doch morgens pünktlich aus dem Haus zu gehen, war plötzlich nicht mehr nötig. Auszuschlafen hingegen sehr verlockend. Aber auch sinnvoll? Sicherlich nicht für alle.
Vielen Kindern tut es gut, wenn sie in unsicheren Zeiten Normalität erfahren. Und dafür sorgen klare „Spielregeln“. Alle stehen zu einer festgelegten Uhrzeit auf. Wenn man sonst gemeinsam frühstückte, tut man dies auch weiterhin. Zähne putzen, Anziehen – alles wie immer, anstatt bis mittags im Schlafanzug zu bleiben. Und danach heißt es optimalerweise für alle gleichermaßen: „Ran ans Werk!“. Denn so schieben Kinder lästige Aufgaben nicht ewig vor sich her. Und Eltern haben bessere Chance, parallel etwas am Schreibtisch zu schaffen.
Einen Arbeitsplatz schaffen, der seinen Namen verdient
Doch wie und wo richtet man diesen am besten ein, wenn man üblicherweise nicht von zu Hause arbeitet? Diese Frage stellten sich sicherlich viele, die erstmals in diese Situation gerieten.
Erfahrungsgemäß hört man auf sein Bauchgefühl, das einem sagt, wo man am besten arbeitet. Manch einer kann durchaus konzentriert mit dem Laptop auf dem Familiensofa im Wohnzimmer produktiv sein. Ein anderer braucht einen Raum mit einer geschlossenen Tür für absolute Ruhe. Manch einer wählt ein helles Plätzchen am Fenster. Für einen anderen bedeutet der ständige Blick auf das Geschehen dort draußen kontraproduktive Ablenkung.
Wer daheim einen Schreibtisch benötigt, aber keinen hat, findet hoffentlich einen ausreichend großen Tisch, der ermüdungsfreies Sitzen und Arbeiten erlaubt. Mit einem guten Stuhl dazu und allem, das es braucht, um später ohne unnötige Unterbrechungen ans Werk zu gehen.
Eine Option ist gar, die Räumlichkeiten mit dem Nachwuchs zu tauschen. Wenn dieser ohnehin gerne in der Wohnküche seine Hausaufgaben erledigt, kann er nun auch dort fleißig sein. Und Mama oder Papa finden an dessen Schreibtisch vielleicht gute Arbeitsbedingungen vor.
Schaffensphasen sinnvoll bündeln, anstatt immer in „Häppchen“ zu arbeiten
Wie gut das Arbeiten daheim funktioniert, hängt natürlich auch vom Arbeitsumfang ab. Acht-Stunden-Tag? Oder nur ein paar Stündchen in der Woche? Und wie sieht es gleichsam bei den Kindern aus?
Größere auf der weiterführenden Schule haben sicherlich reichlich Schulmaterial, dem sie ihre Aufmerksamkeit schenken können. Und wenn sie die Chance nutzen, Vokabeln nach zu pauken oder Mathematik-Kenntnisse aufzufrischen. Doch die Jüngsten, die noch am Anfang des Grundschulalters sind? Die sind vermutlich schnell fertig. Und wollen danach Aufmerksamkeit, Spielen, Ablenkung!
Wer Glück hat, kann als Eltern dann tatsächlich alles stehen und liegen lassen oder zumindest eine Pause einlegen. Alle anderen sind vermutlich besser beraten, wenn sie von vornherein – sofern möglich – einen Wochenplan erstellen. Und darin Zeitfenster festlegen, in denen effektives Arbeiten die größte Aussicht auf Erfolg hat. Frühmorgens beispielsweise, wenn die Kinder gerne eine Stunde länger schlafen. Abends, wenn diese schon im Bett sind. Oder am Wochenende oder in den frühen Abendstunden, sofern der andere Elternteil die Betreuung übernimmt. Und vielleicht für Ruhe im Haus einen ausgedienten Spaziergang mit dem Nachwuchs unternimmt.
Alternativ kann man auch derzeit vielleicht Omas und Opas mit ins Boot holen. Per Telefon, per Videoanruf, per Chat am Smartphone. Man kann den Nachwuchs auch daran erinnern, dass Großeltern sich dieser Tage bestimmt besonders über einen „echten“ Brief freuen. Oder ein gemaltes Bild im Postkasten.
Wie kriegt man Home-Office mit den übrigen Aufgaben des Alltags unter einen Hut?
Eigentlich sollte man am Schreibtisch sitzen und sich ausschließlich Gedanken über Berufliches machen? Doch de facto steht man gedanklich gleichzeitig mit einem Bein in der Küche und mit dem anderen im Waschkeller? Sinniert, was man noch einkaufen muss und ob es sich lohnt, die Wäsche zum Trocknen draußen aufzuhängen?
Dann macht sich garantiert das schlechte Gewissen breit. Der Arbeit gegenüber, der man sich gewissenhaft voll und ganz widmen sollte. Und dem leeren Kühlschrank und dem vollen Wäschekorb gegenüber, die man sträflich vernachlässigt.
Besser ist da, von Vornherein nichts aufschieben. Auch wenn Erledigungen im Haushalt theoretisch warten könnten, erledigt man sie besser in den frühen Morgenstunden. Selbst wenn dies bedeutet, dafür früher aufzustehen. Aber dafür entfällt ja im Home-Office vielleicht der Weg zur Arbeit.
Ansonsten ist es hilfreich, morgens schriftlich einen Plan mit festen Zeitfenstern aufzustellen. Und sich dabei nur das vorzunehmen, das tatsächlich auch Aussicht auf Erfolg hat. So hat man die ganze Zeit bei der Arbeit das sichere Gefühl, dass bis zum Abend alles erledigt sein kann. Und nicht das ungute, bestimmt „wieder nichts auf die Reihe zu bekommen“, wenn das Home-Office plötzlich länger dauert.
Auch von Kindern kann man einen Beitrag verlangen, damit alle gute durch diese Zeit kommen!
Von Schulkindern kann man bereits Rücksicht und Verständnis erwarten. Und das mit zunehmendem Alter in immer größerem Maße. Es kann aber sein, dass man ihnen mindestens einmal den „Ernst der Lage“ bewusst machen muss.
Ganz einfach kann man Kindern dafür Folgendes sagen. „Wenn Papa/Mama bei der Arbeit ist, dürfen wir dort auch nicht stören. Wir können nicht ständig anrufen oder ihn/sie besuchen.“ Dass niemand dabei gut arbeiten könnte, sollte auch jedem Kind bereits einleuchten. Und dasselbe gilt nun eben auch für den Elternteil, der seinen Arbeitsplatz – dauerhaft oder iterimsmäßig – zu Hause eingerichtet hat.
Lautes Toben in der Wohnung ist darum tabu! Nervraubende Streitigkeiten unter Geschwistern sind idealerweise ebenso zu reduzieren! Und alles andere – gemeinsames Rausgehen, Spielen – hat seine Zeit, die durch Quengeln und Drängeln nicht eher kommt.
Feierabend!?
Ebenso wie man morgens einen klaren Startschuss zur Arbeit setzt, sollte man am Arbeitsende ein deutliches Signal an alle senden. Kinder müssen wissen, wann daheim „Feierabend“ ist und man Mama und Papa wieder in Beschlag nehmen kann.
Sonst ist das vermutlich der Fall, wenn Eltern abends nach der Arbeit zur Wohnungstüre hereinkommen. Jetzt kann man den Hund an die Leine nehmen, um gemeinsam eine Runde um den Block zu drehen. Oder in die Küche gehen und das Abendessen vorbereiten. Das sind eindeutige und klare Zeichen, dass die berufliche Arbeit fortan ruht. Bessere, als wenn Mama sich nahtlos vom Schreibtisch mit dem privaten Laptop aufs Sofa bewegt und dort Mails checkt.
Und wenn gar nichts „geht“?
Es gibt Momente, da kann man der ganzen Situation einfach nichts Gutes mehr abgewinnen. Da nervt alles, da will man einfach sein altes Leben zurück. Denn die Bedingungen im Home-Office mit Kindern sind nicht immer einfach zu ertragen. Die Zeiten dazu für viele Menschen ungewiss. Wie entwickelt sich der eigene Job in Zukunft? Wie viel Geld kommt in den nächsten Monaten aufs Konto?
Aber irgendeinen positiven Effekt dieser Krise kann man sicherlich finden. Auch wenn es viel Kreativität erfordert. Und man sich dabei gewonnene Erkenntnisse gebetsmühlenartig immer wieder selbst aufsagen muss, bis man an sie glaubt.
Ein Klassiker: Man selbst ist – hoffentlich – gesund und die Kinder auch! Großeltern sind – hoffentlich – ebenso wohlauf. Auch wenn sie nicht greifbar sind, womöglich als Kindersitter ausfallen und der Kontakt erschwert ist. Aber auch diese Zeiten kommen wieder.
Weiter geht es: Man hat überhaupt Arbeit! Kann Geld verdienen! Und muss dafür nicht mal aus dem Haus, kann sich die Arbeitszeit womöglich freier einteilen! Man spart Zeit, weil morgens das Outfit nicht perfekt sein muss! Auch steht man in keinem morgendlichen Stau, muss sich nicht über volle Busse und Bahnen samt Mit-Fahrgästen und Verspätungen ärgern. So spart man Benzingeld! Und sicherlich manch andere Ausgabe auch, weil das belegte Brot am Mittag das Kantinenessen ersetzt. Weil man nach der Arbeit derzeit nicht an verführerischen Schaufenstern vorbeikommt und deren Okkassionen erliegt.
Trautes Heim, Glück allein!
Und zu guter Letzt ist man einfach mal wieder näher dran an seinen Kindern. Wann war die ganze Familie zuletzt so lange zusammen, abgesehen von gemeinsamen Urlauben? Selbst viele studierende Kinder entdecken plötzlich wieder das elterliche Nest für sich. Weil die Uni zu hat, am Studienort auch nix los ist. Und der Aufenthalt bei Mama und Papa nebenbei ganz bedeutend die Kosten für Alltägliches reduziert.
Wann wusste man das letzte Mal so genau, welche Inhalte in den einzelnen Schulfächern gerade anstehen? Aus welchem Kapitel gerade Vokabeln aktuell sind? Ganz nebenbei kann man da womöglich sogar längst verstaubtes Wissen reaktivieren oder Neues dazu lernen. Wenn der Nachwuchs einem plötzlich Bio-, Physik- oder Chemiebuch unter die Nase hält mit einem saloppen „Kapier ich nicht!“.
Da kann man sich als Eltern auch mal bewundern lassen, wenn man eine mathematische Kurvendiskussion aus dem Ärmel schüttelt. Und das ist doch auch mal schön.
Bildquelle: © bigstock.com/ VadimGuzhva