„Ich will dies nicht!“
„Ich will das nicht“
Oder auch ganz einfach: „Nein!“
Auch wenn das Kind im Kleinkindalter noch nicht so präzise in Worte fassen kann, was es möchte oder was ihm gerade so ganz und gar missfällt: Eltern erkennen haarscharf die untrüglichen Zeichen des sogenannten „Trotzalters“.
Die bevorzugt dann zu Tage treten, wenn man es natürlich am allerwenigsten gebrauchen kann:
Wenn es schnell gehen soll, beispielsweise.
Ausgerechnet in der größten morgendlichen Hektik stimmt den Nachwuchs etwas säuerlich.
Die Unterlippe schiebt sich nach vorn, der Blick verheißt nichts Gutes, es folgt Protest mittels Händen, Füßen und Stimmgewalt und oftmals fließen am Ende bittere Tränen beim Kind, während seitens der Eltern die Nerven blank liegen.
Ein weiterer „Klassiker“: Verbote, die elterlicherseits durchaus sinnvoll erscheinen, beim Nachwuchs jedoch auf wenig Verständnis stoßen.
Die Konsequenz: Frust! Denn alles will doch entdeckt sein! Und das bitte nicht nur in dem Radius, der zuvor von Mama oder Papa abgesteckt wurde.
Typische Situation erkennen, „analysieren“…
Jeder Mutter und jedem Vater ist klar: Es steckt keine böse Absicht dahinter, wenn Kinder die Wut packt.
Jedes Kind lacht lieber als dass es weint und es erlebt lieber fröhliche Tage als durchwachsene und hat lieber gute Laune als „Regenwetterstimmung“.
Warum dann trotzdem diese hitzköpfigen Ausbrüche? Oft ist es keine große Herausforderung, Ursachen und unglückliche Verkettungen zu finden:
Kommt es zu den berühmten „Trotzanfällen“, ist vermutlich im Vorfeld so einiges auf das Kind eingeprasselt, das so schnell nicht sortiert und verarbeitet werden konnte.
Ein anstrengender Tag mit viel Hin und Her vielleicht, (zu) viele neue Eindrücke, Müdigkeit, dazu vielleicht noch ein kleines Hungergefühl und obendrauf noch Frust, weil irgendwas nicht richtig oder anders als erhofft oder nicht erlaubt war oder nicht auf Anhieb klappen wollte…
Schon braut sich etwas zusammen, das einfach ein Ventil braucht.
… und umgehen?
Keine Frage: Wie jede (anstrengende) Phase in der Kindesentwicklung wird auch diese vorbei gehen! Früher oder später.
Das Kind lernt seine Ansprüche zu überdenken, sein Verhalten zu kontrollieren, mit Stress, Müdigkeit, ungewohnten Situationen, den kleinen Frustrationen des Lebens und anderen typischen Wutanfall-Auslösern umzugehen.
Bis dahin kann man nur versuchen, typische „Fallen“ weiträumig zu umschiffen, auch wenn sich Trotzanfälle vielleicht nie ganz vermeiden lassen werden:
- Planen Sie mehr Zeit ein
Beispielsweise am Morgen: Stehen Sie eher auf, frühstücken Sie ausgiebig gemeinsam, legen Sie schon am Vorabend alles parat für den Start in den Kindergarten und planen Sie Reserveminuten ein, damit trotz eines etwaigen Trotzanfalls keine Hektik aufkommt, wenn gerade die Morgenstunden oft Frustpotential bergen.
- Vermeiden Sie typische „Brennpunkte“
Lassen Sie Ihr Kind möglichst zu Hause, wenn es im Kaufhaus oder im Supermarkt gerne zu den gefürchteten Szenen kommt, oder lassen Sie den anderen Elternteil den Großeinkauf übernehmen.
- Handeln Sie vorausschauend
Abschiednehmen ist oft ein typischer „Wutauslöser“. Im Kindergarten aus dem schönsten Spiel gerissen zu werden, abends von Oma und Opa nach Hause fahren zu müssen, beim besten Freund abgeholt zu werden, obwohl man doch noch sooo viel vor hatte.
Machen Sie es sich, Ihrem Kind und allen Beteiligten einfacher, indem Sie das Problem ansprechen und betreuende Personen bitten, schon vor Ihrem Eintreffen tolle Aktivitäten zu beenden, vielleicht dem Kind schon Schuhe anzuziehen und das Abholen einzuläuten.
- Überdenken Sie Verbote
Alle Eltern wollen das Beste für ihr Kind, manche meinen es dabei zu gut und verbieten und vermeiden zu vieles per se aus Angst vor möglichen Gefahren.
Ein Kind wird älter, damit selbstbewusster, mobiler und motorisch geschickter.
Passen Sie damit immer wieder neu seinen Bewegungsradius an, lassen Sie es eigene Erfahrungen machen, wenn gutgemeinte Worte alleine nicht reichen (die Katze vom besten Freund kann auch kratzen, wenn sie nicht gestreichelt werden möchte…), Grenzen erfahren (es wird einem doch mulmig, wenn man beim Spaziergang zu weit vorläuft…) und seien Sie Begleiter und Hilfestellung, wenn die Ziele (das Klettergerüst auf dem Spielplatz bis nach oben erklimmen…) sehr hoch gesteckt scheinen.
- Und zum Schluss der Tipps, der fast immer stimmt und passt: Seien Sie konsequent!
Einmal nachgegeben? Da kann es dem Kind doch nicht verübelt werden, durch mehr oder weniger Quengeln Sie noch einmal dazu zu bekommen, weich zu werden.
„In fünf Minuten“ sollten möglichst nie zur halben Stunde werden, weil man sich doch gerade auf dem Spielplatz so nett mit der Mutter des Spielgefährten unterhalten hat.
Ein „Nein“ zur Brötchentheke beim Betreten des Supermarkts sollte später nicht zu einem „Na gut, aber nix Süßes!“ umgemodelt werden.
- Bleiben Sie authentisch!
Vieles, das man in Erziehungsratgebern und Internetforen zu diesem Thema an Tipps und Tricks liest, scheint nicht wirklich zum eigenen Temperament zu passen und sich nur wenig mit dem übrigen Erziehungsgrundsätzen in Einklang bringen zu lassen.
Hören Sie daher auch immer auf Ihr Bauchgefühl: Wenn Ihnen nicht danach ist, Ihr Kind im Supermarkt zu bespaßen, um es so vielleicht von seinem Wutanfall ablenken zu können, lassen Sie es sein.
Überfordern Sie sich nicht mit dem den Anspruch, als Eltern immer perfekt zu sein und jede Situation souverän meistern zu müssen! Auch Mütter und Väter dürfen mal genervt oder mit ihrem Latein am Ende sein und eher „wolkige“ als heitere Tage haben, die hoffentlich schnell vorbeigehen!
Nicht nachtragend sein, statt dessen da sein und trösten
Trotzanfälle sind weiß Gott anstrengend.
Da wollte man fröhlich zu einer Unternehmung starten und der kleine Herr oder die kleine Dame verhagelt binnen weniger Minuten allen den Spaß, weil nicht die richtigen Schuhe zur Auswahl standen, weil die Regenjacke als unnütz erachtet wurde oder aus anderen – aus objektiver Erwachsenensicht – Nichtigkeiten!
Seien Sie Ihrem Kind nicht böse, sitzt es doch als Leidtragender selbst mit im Boot.
Nach einem Wutanfall scheint es selbst von seinem Verhalten überrumpelt zu sein. Es braucht dann vor allem Trost und Nähe.
Machen Sie nach einiger Zeit den ersten Schritt, wenn das Kind sich in größter Wut in sein Zimmer verabschiedet hat, sobald Sie merken, dass Ruhe eingekehrt ist.
Versuchen Sie zu retten, was zu retten ist.
Nachdem sie sich beruhigt haben, sind Kinder oft wie ausgewechselt, gesprächs- und kompromissbereit, sofern man sie nicht gleich mit Vorwürfen überschüttet.
Und: Schmieren Sie Ihrem Kind solche Szenen nicht im Nachhinein aufs Brot!
Auch als Erwachsener benimmt man sich nicht immer hundertprozentig so, wie es im Erziehungsratgeber steht, und macht Fehler.
Wie schön ist es da umgekehrt, dass Kinder einem dies nicht nachtragen!
Und vielleicht sogar ein Hauch Positives in Wutanfällen sehen?
Vielleicht sorgt dieser Gedanke erst einmal für skeptisches Stirnrunzeln?
Dennoch ist es einen Versuch wert und man kann gar nicht früh genug damit beginnen, allem, das nicht so wie erwünscht läuft (und das wird man als Eltern über zig Jahre viele, viele Mal erleben…), etwas Gutes abzugewinnen.
Das Kind wächst zur kleinen, selbstbewussten Persönlichkeit heran, weiß, was es möchte, was ihm gefällt, und hat eine klare Meinung darüber, worauf dies eben nicht zutrifft.
Irgendwie ist dieser Gedanke doch auch beruhigend in Anbetracht dessen, dass es irgendwann alleine Entscheidungen treffen und sein Leben meistern muss!